Samstag, 19. Januar 2008

Datenerhebungsmethoden

Datenerhebungsmethoden

Block I

1. Welche drei grundsätzlichen Datenerhebungsmethoden gibt es?

Befragung, Beobachtung, Inhaltsanalyse

2. Durch welche Eigenschaften sind standardisierte Erhebungsmethoden gekennzeichnet?

a) allgemein

- äußere Bedingungen müssen identisch sein

- identische Frageformulierungen

- identische Reihenfolge

- i.d.R. werden Antwortvorgaben benutzt

- i.d.R. werden Intensitätsskalierungen verwendet

b) bezogen auf mündliche Befragungen

- alles oben genannte

- setzt Schulung der Interviewer voraus (einheitliches, neutrales Verhalten)

- ein Interviewer sollte maximal 10 Befragungen durchführen

3. Beschreiben Sie verschiedene Formen nicht-standardisierter Erhebungsverfahren.

I) Das Leitfadeninterview

- Im Leitfaden werden jene Aspekte des Themas, die zur Sprache kommen sollen, in Stichpunkten oder Fragevorschlägen zusammengestellt

- Die Reihenfolge und deren genauere Formulierung ist i. d. R. dem Interviewer freigestellt

- die Befragten sollen möglichst ausführlich antworten; von Ihnen angesprochene Aspekte sollen durch nachfragen vertieft werden

- des Weiteren enthalten sind Zusatzfragen, Eventualfragen und Sachfragen

II) Das narratives Interview

- auf das ausführliche Erzählen des Befragten angelegt

- es beginnt mit dem Erzählen der Lebensgeschichte, eines Übergangs im Lebensverlauf oder eines wichtigen Ereignisses (Erzählphase)

- diese Phase wird vom Interviewer nicht unterbrochen

- entstandene Lücken werden in der Rückgriffsphase durch Nachfragen des Interviewers geklärt

- dieser folgt die Zusammenfassung und Bewertung des Erzählten durch den Befragten

- dabei versucht der Interviewer Erklärungen für Erzähltes zu finden und durch Nutzung von „Wie-Fragen“ und „Warum-Fragen“ die Argumentation anzuregen (Bilanzierungsphase)

III) Das Experteninterview

- es sollen Informationen über eine Institution/ ein soziales Feld erhoben werden, über das der Interviewer wenig weiß

4. In einer bundesweiten, repräsentativen Umfrage mit 2000 zu realisierenden Interviews. Wie viele Interviewer würden Sie dafür einsetzen?

2000 / 10 = 200 (10 Interviews pro Interviewer; also 200 Interviewer für 2000 Interviews)

Block II

1. Welche Typen von Informationen, die mit Fragen in mündlichen oder schriftlichen Befragungen erfasst werden können, kennen Sie?

- Demographie

- Verhalten

- Einstellungen / Bewertungen

- Wissen / Faktenwissen zu bestimmten Sachverhalten

- Überzeugungen

2. Mit welchen Problemen müssen Sie bei Verhaltensfragen rechnen?

- Verhaltensfragen beziehen sich auf das Verhalten des Befragten à Häufigkeit, Dauer, Art von Handlungen in der Vergangenheit

- es ist sinnvoll den Schwerpunkt auf das aktuelle Handeln zu legen

- in die Zukunft gerichtete Fragen sind schwer einzuschätzen / eher Frage nach Meinung

- Erinnerungsproblem: die vorgegebenen Antwortkategorien wirken sich umso stärker auf die Beantwortung einer Verhaltensfrage aus, je weniger gut das abgefragte Verhalten im Gedächtnis gespeichert ist; schlecht, nur wenig oder gar nicht gespeichertes Verhalten zwingt die Befragungsperson zu Schätzungen

3. Geben Sie ein ausführliches Beispiel für die Anwendung eines Rating-Verfahrens in einer mündlichen Umfrage.

Rating-Verfahren heißt: die Beurteilung (engl.: Rating) von Merkmalen, i. allg. auf einer Skala, mit der die Intensität (und nicht nur das Vorhandensein oder Fehlen) der Ausprägung dieser Merkmale erfasst werden soll.

Beispiel: Frage nach Zufriedenheit mit Merkels Führungsstil. Antwortmöglichkeiten in Schulnoten 1-6.

4. Benennen Sie Vor- und Nachteile von offenen und geschlossenen Fragen. Wann setzt man beide ein?

geschlossene Fragen

offene Fragen

Vorteile

· leichter zu beantworten

· bessere Vergleichbarkeit aufgrund der Einheitlichkeit

· durch die individuelle Antwortmöglichkeit erhält man gute Einblicke und viele Informationen

Nachteile

· inhaltliche Punkte lassen sich nicht herausfinden

· Antwortkategorien sind vorformuliert und entsprechend nicht unbedingt den Aussagen, die die Befragten selbst nennen würden

· Antworten sind kaum vergleichbar

· Aufwand bei Auswertung (Kosten, Zeit)

Wann einzusetzen?

· Ja/Nein-Fragen

· Alternativfragen

· Auswahlfragen: Rating oder Ranking

· Fragen mit Mehrfachantworten

· ohne Antwortvorgaben

· werden verwendet, wenn man eine metrische Variable nichtklassiert erfassen will oder etwaige Antwortmöglichkeiten nicht kennt

· explorative Forschung, wenn man spontanes Antwortverhalten oder Verbalisierung messen will

· Experteninterviews

5. Was versteht man unter Reziprozität des Arbeitsaufwandes in Hinsicht auf offene und geschlossene Fragen?

Der Arbeitsaufwand für qualitative und quantitative Befragungen ist ungefähr gleich groß (bei offenen Fragen Auswertung sehr anspruchsvoll, bei geschlossenen Fragen die Fragenkonzeption).

Die Auswahl der Methode ist in erster Linie von dem zu untersuchenden Forschungsproblem abhängig, beide Untersuchungsmethoden haben ihre Berechtigung. Durch die Reziprozität der Arbeitsaufwandes ist in keinem Fall mit einer Arbeitsersparnis zu rechnen.

6. Diskutieren Sie in Hinsicht auf die Messung von Einstellungsintensitäten mit standardisierten Fragen die Vor- und Nachteile.

- viele oder wenige Antwortkategorien?

o mehr Antwortvorgaben bedeuten für gewöhnlich differenzierte Antworten, und damit höhere Messgenauigkeit.

o man kann allerdings der Gefahr erliegen, die Unterschiede zwischen den einzelnen Antwortvorgaben so gering werden zu lassen, dass diese für den Befragten nicht mehr deutlich zu unterscheiden sind.

o es kann dazu kommen, dass der Befragte verwirrt und unsicher irgendwelche Abschätzungen vornimmt.

- grade oder ungerade Anzahl von Antwortkategorien?

o Tendenz zur Mitte – verkappte „Weiß-nicht-Kategorie“

o manche Leute brauchen die Mitte für ihr Glück

7. Nennen Sie 12 wichtige Regeln für die Formulierung von Fragen in Fragebögen.

- kurze Fragen

- keine Fremdwörter

- keine abstrakten Begriffe

- keine belasteten Begriffe

- keine Suggestivfragen

- keine hypothetischen Fragen

- nur einen Sachverhalt pro Frage

- keine doppelte Negation

- positive und negative Alternativen erwähnen

- alle Antwortvorgaben erwähnen

- i.d.R. weiß-nicht-kategorie vorsehen (Ausnahmen!!!)

- keine Abstufungsbegriffe im Fragetext

- Antwortvorgaben müssen zur Frage passen

8. Fragen nach den „Gründen“ von Einstellungen bringen zumeist nicht viel. Was muss man tun, um derartige Fragen zu vermeiden und dennoch Auskunft über Gründe zu erhalten?

- indirekt fragen

o was hat sie dazu motiviert?

o was gefällt ihnen daran (nicht)?

9. Was sind double barreled oder doppelläufige Fragen? Was muss man tun um sie zu vermeiden?

Fragen, die zwei Aspekte mit sich führen. Besser Teilung in zwei Fragen (Eindimensionalität).

10. Welche Antwortkategorien (gerade/ungerade) gibt es und wie werden sie unterschieden?

- gerade/ ungerade Fragen: Anzahl der Antwortmöglichkeiten

- benannte vs. unbenannte Vorgaben

- numerische vs. verbale Benennung: z.B. Schulnoten vs. „eher zufrieden“, eher „unzufrieden“ etc.

Block III

1. Was können Sie über die Einleitungsfrage eines mündlichen Interviews sagen? Welche zwei grundsätzlichen Standpunkte gibt es?

- Einleitungsfragen sollten kein langes Nachdenken erfordern, zum warm werden

- es sollte sich um Fragen handeln, die eher mit ja beantwortet werden

- eher Merkmals- oder Verhaltensfragen, keine Fragen die nur auf eine Subpopulation zutreffen

- zwei grundsätzliche Standpunkte:

· Einleitungsfrage sollte neutral sein, zur Einstimmung dienen, einfach sein, den Zugang zum Interview erleichtern

· Einleitungsfrage sollte thematisch relevant sein, nicht zu technisch sein, aber zum Inhalt der Studie

2. Wie würden Sie heikle Fragen in einem mündlichen Interview behandeln?

- nicht am Anfang des Interviews stellen, sondern möglichst am Ende (bzw. am Ende des Themenkomplexes), da die Abbruchwahrscheinlichkeit durch das Stellen heikler Fragen stark ansteigt. Die Fragen sollten aber nicht vollkommen aus dem Kontext gerissen werden.

- technische Tricks anwenden, wie z.B. das Codieren der Antwort in Zahlen etc.

- Entschärfung oder Verharmlosung durch geeignete Formulierung (Steuerhinterziehung : "das Finanzamt über's Ohr hauen")

- Appell an Mitläufereffekt

- Überrumpelung durch ganz direkt gestellte Fragen

- Trichtern: von allgemeinen Fragen zu immer spezielleren/heikleren

3. Erklären Sie was ein Filter in einem standardisierten Interview ist.

- Filterfragen werden Frageblöcken vorgeschaltet, die sinnvollerweise nur von einer Teilmenge der Befragten beantwortet werden sollen.

- Bei der Filterführung ist darauf zu achten, dass sie für den Interviewer gut ersichtlich ist.

- z.B. Fragen zum Verhalten in der Ehe die Frage vorschalten, od der Befragte überhaupt verheiratet ist "...wenn Nein, weiter mit Frage 83..."

4. Skizzieren Sie ein mögliches Layout für eine Seite eines standardisierten mündlichen Fragebogens!

- ungefähre Angabe der Dauer

- Kurzbeschreibung des Auftraggebers

- vollständige Fragetexte, kurze und deutliche, leichtverständliche Formulierungen

- Hinweise für Befragungshilfen, Nachfragen, Verdeutlichungen

- klar ersichtliche Filterführung, kein langes Blättern beim Interviewer

- laufende Nummer des Bogens

- Interviewerfragen zum Interviewverlauf

5. Was sind Befragungshilfen und welche kennen Sie?

Befragungshilfen sollen die Beantwortung der Fragen erleichtern, Anonymität versichern, die Situation auflockern, Langeweile entgegenwirken

Beispiele:

- Listen (-heft) mit Antwortvorgaben

- Kartenspiele

- Umschlag für anonyme Antworten

- Liste mit verschlüsselten Kategorien für heikle Fragen

- Schemata zum visualisieren der Antwortvorgaben

6. Welche Fragen müsste der Interviewer üblicherweise nach dem Interview (ohne die Befragungsperson) selber beantworten?

Der Interviewer füllt ein Kontaktprotokoll aus:

- Interviewdauer

- Interviewsituation (Störungen, andere anwesende Personen)

- allgemeine Glaubwürdigkeit des Befragten

- Aufmerksamkeit des Befragten

- Schwierigkeiten/ Unglaubwürdigkeiten bei einzelnen/speziellen Fragen

7. Nennen Sie einige wichtige Ziele einer Interviewschulung.

- möglichst uniforme Interviewer

- Minimierung von Interviewereffekten

- Verlässlichkeit der Interviewer erhöhen

- möglichst umfassendes Wissen über die gesamte Untersuchung vermitteln

- Interviewer mit dem Projekt identifizieren

- auf Effekte der Antwortverzerrung aufmerksam machen, Methoden zur Vermeidung an die Hand geben

- jede Frage genau erklären, Interviewer muss sich seiner Sache sicher sein

8. Was sind mögliche Quellen für Antwortverzerrung in Interviews (8-10 Beispiele).

- Verweigerung

- Weiß-nicht-Antworten

- Non-attitudes (irgendwas wird angegeben, weils keine weiß-nicht-Kategorie gibt)

- Soziale Erwünschtheit (Antwort, von der der Befragte glaubt, dass der Interviewer sie hören will)

- Interviewereffekte (Reaktion des Befragten auf die Person des Interviewers)

- Frageeffekte (wording)

- Reigenfolgeeffekte

- Anwesenheitseffekte (bes. bei heiklen Fragen)

- Auftraggebereffekte (Haltung des Befragten / Vorurteile zur Firma etc)

- Skalierungseffekte

- Akquieszenz

9. Was ist Akquieszenz?

Die Tendenz zum Ja-Sagen, gerade in Interviews, ohne langes Nachdenken

10. Erkläre, was man unter der Tendenz zur „social stability“ versteht und was man dagegen tun kann?

Fragen werden sozial erwünscht beantwortet, durch Bedürfnis nach sozialer Anerkennung oder auch als situationsspezifische Reaktion auf die Datenerhebung (Konsequenzbefürchtung) z.B. Steuerhinterziehung

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