Mittwoch, 16. Januar 2008

Thema IV: Wissenschaftstheorie II

1. Stellen sie das Problem der Induktion dar.

- ein Grundproblem der Erkenntnistheorie

- auch bezeichnet als das Humesche Problem

- bezieht sich auf die Frage, ob und wann ein Induktionsschluss von Einzelfällen auf ein allgemeingültiges Gesetz zulässig ist. Problem:

1. Große Zahl (was ist eine große Zahl von der beobachteten Menge?)

2. Variation der Bedingungen (welche Bedingungen sind relevant?)

3. logische Konsistenz ( kein Rückgriff auf Theorien)

- Schlussfolgerung: Induktion taugt nicht als Grundlage für die Wissenschaft, also Deduktion

 
2. Schreiben Sie drei falsifizierbare und drei nicht falsifizierbare Sätze auf!
3 x falsifizierbar:
-          Mittwochs regnet es nie.
-          Alle Stoffe dehnen sich bei Hitze aus.
-          Wenn ein Lichtstrahl von einem ebenen Spiegel reflektiert wird, ist der Einfallswinkel gleich dem Ausfallswinkel.
3 x nicht falsifizierbar:
- Mittwochs regnet es oder auch nicht.
- Bei Sportwetten kann Glück im Spiel sein
- Immer wenn Zeus zornig ist, blitzt und donnert es.
 
3. ???
 

4. Was versteht Hugo Dingler unter Exhaustion?

Es können gegen den Willen des Forschenden »Abweichungen« zwischen den

Bestimmungen einer theoretischen Annahme und der praktischen empirischen

Forschung (Realität) vorliegen. Diese »Abweichungen« zwingen den Forschenden

aber keinesfalls »unmittelbar« zur Abänderung oder zum Aufgeben der

theoretischen Annahme. Er kann vielmehr unverändert bei der Behauptung einer

Geltung seiner Annahme bleiben und die »Abweichungen« auf »störende Umstände«

zurückführen, die er in seine theoretische Annahme mit einbezieht. Dieses

Verfahren der Aufrechterhaltung der Geltungsbehauptung trotz abweichender

empirischer Befunde nennen wir mit DINGLER »Exhaustion«. Durch das Verfahren

der Exhaustion ist die Behauptung der Geltung einer Theorie also von empirischen

Daten unabhängig zu machen.

5. Wann ist die Rettung von Theorien durch Ad-hoc-Hypothesen und ceteris-paribus Behauptungen wissenschaftstheoretisch möglich?

-          in einem Experiment wird immer nur eine Einflussgröße verändert, während alle anderen konstant gehalten werden, um genau deren Einfluss bestimmen zu können.
-          Die Ceteris-paribus-Klausel stellt einen Weg dar, vereinfachte Modelle der Wirklichkeit hinsichtlich der Auswirkungen von Veränderungen einzelner Parameter zu betrachten und zu bewerten.
-          Eine Ad-hoc-Hypothese ist eine für den Einzelfall geschaffene wissenschaftliche Hilfskonstruktion mit dem Zweck, eine Theorie gegen ihr widersprechende Beobachtungen zu unterstützen.
 
 
6. Stellen Sie den wissenschaftshistorischen Standpunkt von Thomas Kuhn dar.

- Struktur wissenschaftlicher Revolutionen

- Wissenschaft verläuft „nicht-induktiv“ und „nicht-rational“

- Wissenschaft verläuft diskontinuierlich und nicht akkumulativ, ist eine Abfolge von Krisen

- Vor-Wissenschaft à Normale Wissenschaft (Paradigma, Rätsel lösen) à Krise à Revolution à neue Normalwissenschaft à neue Krise à etc.

7. Inwiefern stellt die Theorie Kuhns ein Problem für die Wissenschaftstheorie dar? 

- Grundannahme: ganze Theoriesysteme werden betrachtet, Entscheidungen einer „scientific community“

- bei Kuhn sind Entscheidungen historisch und kulturell bedingt, nicht rational!

- Somit ergeben sich folgende Probleme für die Wissenschaftstheorie:

o Fehlende Rationalität

o Inkommenssurabilität der Paradigmen

o Diskontinuität

o Wissenschaftstheorie verfehlt ihren Gegenstand

8.Was versteht Imre Lakatós unter der Methodologie wissenschaftlicher 
Forschungsprogramme?
-          nicht einzelne wissenschaftliche Aussagen (naiver Falsifikationismus), nicht Theorien (raffinierter Falsifikationismus), sondern Mengen von Theorien (siehe Kuhn)
-          Harter Kern eines Forschungsprogramms
-          Schutzgürtel aus Hintergrundtheorien, Hilfshypothese, Beobachtungstheorien
-          positive und negative Heuristiken
-          progressive und degenerative Problemwechsel (problem shifts)
-          Theoriendynamik (Wissenswachstum)
 
9. ???

10. Was versteht Lakatós unter progressiven bzw. degenerativen Problemwechseln?

- progressiver Problemwechsel: eine neue Theorie sollte stets einen epistemologischen und empirischen Gehaltsüberschuss gegenüber der alten Theorie haben

- degenerativer Problemwechsel: degenerativ sind alle Problemverschiebungen, die nicht progressiv sind.

- Im Gegensatz zu Kuhn ist Lakatós der Auffassung, dass verschiedene Forschungsprogramme rational verglichen und diskutiert werden können. Lakatós betrachtet Fortschritt der Wissenschaft indes nicht als eine kontinuierliche Annäherung an die Wahrheit, sondern als eine Reihe von Problemverschiebungen, die uns ständig auf eine höhere Stufe gelangen lassen.

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